Sonntag, 5. März 2006
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Mein Start in die Woche...
Der Weg zur Arbeit fing verdächtig gut an: Die SBahn wartete in Laim tatsächlich bis ich meinen Astralkörper durch die Tür geschwungen hatte und es war sogar ein kaum vergilbter Sitzplatz frei. Dazu hatte mein Vorgänger mir ein Stück lesbare Zeitung hinterlassen, die zudem noch in diesem Jahr erschienen war.
Doch kaum war die Tür geschlossen wendete sich das scheinheilige Blatt etwas: Eine Sitzreihe weiter spielten sich zwei halbwüchsige Vollidioten ihre neuesten Klingeltöne vor. Scheinbar regte diese übermäßige Beschallung die prämenstruale Hormonbildung einer stattlichen urbayrischen Gestalt mittleren Alters an, denn plötzlich hallte es durchs Abteil: " Ja Hakozar ... jetzt foid glei da Watschnbaum um! Moachts aia gbimml aus! ". Dazu holte die betagte Dame bedrohlich mit ihren oberschenkelgleichen Armen aus.
Vor Todesangst zitternd standen die beiden Rotzbengel nun vor dem Nilpferd in den Wechseljahren und versuchten durch unkoordiniertes Herumfurhwerken auf den - für deratige Notfälle doch recht klein geratenen - Tasten ihres Mobiltelefons, das Ende des auditiven Terrors einzuläuten.
Da einer der beiden Heranwachsenden beim hektischen navigieren durch die unzähligen Untermenüs seines Handys auf dem Weg zur Lautlosigkeit wohl vom rechten Weg abgekommen war und dem Lautsprecher nun immer suspektere Ächzlaute entwichen, scharrte die Wuchtbrumme nun wutendbrannt mit dem Hufen um persönlich für Ruhe zu sorgen.
Doch kurz vor Ausbruch eines blutigen Massakers brach das nervös befingerte Mobilfunkgerätin mehrere Einzelteile auseinander und es wurde still im Zug - zu still für meinen Geschmack, denn es waren auch keine Fahrgeräusche zu vernehmen. Ein Blick aus dem Fenster verriet, dass die SBahn tatsächlich still stand - suboptimalerweise war weit und breit kein Bahnsteig zu sehen.
Nach 15 Minuten unterbrach eine Lautsprecherdurchsage den, unter den Anwesenden entbrannten, Wettbewerb das entnervteste Gesicht aufzusetzen und dabei am lautesten über die "ScheissSBahn" zu meckern. Gespannt lauschten nun alle den (hoffentlich) aufklärenden Worten des Zugführers, dessen Dialekt von einer anderen Region Deutschlands geprägt war: "Morschn! Schulldchnsä de Sdöhrunk! Dor is een Rücksdau vom Ööstbannhof! Dadorrfor gannsch ooch blos nischde. Das läbborrd sisch gonnscheen... ".
In das einsetzende Gelächter hinein versuchte eine besorgte Mutter ihrem verstörten Kind die Angst vor den gerade entwichenen Artikluationsschwallen zu nehmen. "Sie bemühte sich redlich", kann ich der Frau attestieren, nachdem ich ihren Ausführungen für weitere zehn Minuten folge, in denen die Bahn bewegungslos verharrt. Gut - letzlich hilft diesem Kind wohl nur noch eine professionelle psychologische Betreuung, aber ich will mich nicht in die Erziehung einmischen.
Irgendwann konnte die Fahrt dann doch problemlose fortgestetzt werden, wenn auch nur für vier Stationen. Zum Glück - dachte ich zu dem Zeitpunkt noch - kann ich ab dem Karlsplatz mit derUBahn weiter fahren. Meine Freude über die Umsteigemöglichkeit wurde dann aber etwas getrübt, als ich die unglaublichen Menschenmassen auf Bahnsteig erblickte und war mit dem Einfahren der völlig überfüllten UBahn endgültig im Eimer.
Direkt vor der Tür stehend und in das gequetsche Elend im Wageninneren blickend, entschied ich auf die nächste UBahn zu warten, wurde aber dann vom hineindrückenden Mob in meiner Entscheidung überstimmt. Mit Spannung verfolgte ich in welche Lücke ich hineingepresst wurde und stellte fest, dass dieses Komprimierungsverfahren eine deutlich bessere Wirkung hat, als jeder Bauch-weg-Gürtel.
Da mein Kopf noch eine gewisse Bewegungsfreiheit hatte, konnte ich mich entscheiden zwischen der offensichtlich bewohnten Haarplantage des Studenten auf der linken Seite oder dem dauerwellenähnlichen Kunstwerk auf dem Kopf der Dame rechts neben mir, welches scheinbar durch das willkürliche Entleeren mehrer Haarspraydosen am Morgen entstanden sein musste. Letzlich schloss ich dann die Augen und schaute zur Decke, während ich, durch kontinuierliches Einatmen der chemischen Keule, meine Umgebung nur noch sehr schemenhaft wahr nahm, was in dieser Lage kaum von Nachteil war.
Ich setzte ein breites Dauergrinsen auf, welches mir dann am Ostbahnhof vergehen sollte: Ungefähr 90% der Insassen verließen die Bahn um von einem Rudel herumtollender Erstklässler auf Schulsausflug ersetzt zu werden.
Okay, oberhalb von einem Meter war endlich freie Sicht, aber diese beharrlich ohrenbetäubend jaulende Primatenmasse darunter, brachte mich fünf Stationen vor dem Ziel zur Resignation. Ich beschloss beim nächsten Halt zu türmen und in die Gegenrichtung nach Haus zu fahren um mich dort ins Bett zu legen und die Woche einfach einen Tag später zu beginnen.
Wie all meine gute Pläne an diesem Morgen wurde auch dieser durchkreuzt, denn angekommen an der nächsten Station, forderte die betreuende Sozialpädagogin die Horde Teppichratten zum Aussteigen auf. Da große Teile der Aufforderung nachkamen, entschloss ich mich dann doch weiter zur Arbeit zu fahren und diesen Text zu kreieren ...
Doch kaum war die Tür geschlossen wendete sich das scheinheilige Blatt etwas: Eine Sitzreihe weiter spielten sich zwei halbwüchsige Vollidioten ihre neuesten Klingeltöne vor. Scheinbar regte diese übermäßige Beschallung die prämenstruale Hormonbildung einer stattlichen urbayrischen Gestalt mittleren Alters an, denn plötzlich hallte es durchs Abteil: " Ja Hakozar ... jetzt foid glei da Watschnbaum um! Moachts aia gbimml aus! ". Dazu holte die betagte Dame bedrohlich mit ihren oberschenkelgleichen Armen aus.
Vor Todesangst zitternd standen die beiden Rotzbengel nun vor dem Nilpferd in den Wechseljahren und versuchten durch unkoordiniertes Herumfurhwerken auf den - für deratige Notfälle doch recht klein geratenen - Tasten ihres Mobiltelefons, das Ende des auditiven Terrors einzuläuten.
Da einer der beiden Heranwachsenden beim hektischen navigieren durch die unzähligen Untermenüs seines Handys auf dem Weg zur Lautlosigkeit wohl vom rechten Weg abgekommen war und dem Lautsprecher nun immer suspektere Ächzlaute entwichen, scharrte die Wuchtbrumme nun wutendbrannt mit dem Hufen um persönlich für Ruhe zu sorgen.
Doch kurz vor Ausbruch eines blutigen Massakers brach das nervös befingerte Mobilfunkgerätin mehrere Einzelteile auseinander und es wurde still im Zug - zu still für meinen Geschmack, denn es waren auch keine Fahrgeräusche zu vernehmen. Ein Blick aus dem Fenster verriet, dass die SBahn tatsächlich still stand - suboptimalerweise war weit und breit kein Bahnsteig zu sehen.
Nach 15 Minuten unterbrach eine Lautsprecherdurchsage den, unter den Anwesenden entbrannten, Wettbewerb das entnervteste Gesicht aufzusetzen und dabei am lautesten über die "ScheissSBahn" zu meckern. Gespannt lauschten nun alle den (hoffentlich) aufklärenden Worten des Zugführers, dessen Dialekt von einer anderen Region Deutschlands geprägt war: "Morschn! Schulldchnsä de Sdöhrunk! Dor is een Rücksdau vom Ööstbannhof! Dadorrfor gannsch ooch blos nischde. Das läbborrd sisch gonnscheen... ".
In das einsetzende Gelächter hinein versuchte eine besorgte Mutter ihrem verstörten Kind die Angst vor den gerade entwichenen Artikluationsschwallen zu nehmen. "Sie bemühte sich redlich", kann ich der Frau attestieren, nachdem ich ihren Ausführungen für weitere zehn Minuten folge, in denen die Bahn bewegungslos verharrt. Gut - letzlich hilft diesem Kind wohl nur noch eine professionelle psychologische Betreuung, aber ich will mich nicht in die Erziehung einmischen.
Irgendwann konnte die Fahrt dann doch problemlose fortgestetzt werden, wenn auch nur für vier Stationen. Zum Glück - dachte ich zu dem Zeitpunkt noch - kann ich ab dem Karlsplatz mit derUBahn weiter fahren. Meine Freude über die Umsteigemöglichkeit wurde dann aber etwas getrübt, als ich die unglaublichen Menschenmassen auf Bahnsteig erblickte und war mit dem Einfahren der völlig überfüllten UBahn endgültig im Eimer.
Direkt vor der Tür stehend und in das gequetsche Elend im Wageninneren blickend, entschied ich auf die nächste UBahn zu warten, wurde aber dann vom hineindrückenden Mob in meiner Entscheidung überstimmt. Mit Spannung verfolgte ich in welche Lücke ich hineingepresst wurde und stellte fest, dass dieses Komprimierungsverfahren eine deutlich bessere Wirkung hat, als jeder Bauch-weg-Gürtel.
Da mein Kopf noch eine gewisse Bewegungsfreiheit hatte, konnte ich mich entscheiden zwischen der offensichtlich bewohnten Haarplantage des Studenten auf der linken Seite oder dem dauerwellenähnlichen Kunstwerk auf dem Kopf der Dame rechts neben mir, welches scheinbar durch das willkürliche Entleeren mehrer Haarspraydosen am Morgen entstanden sein musste. Letzlich schloss ich dann die Augen und schaute zur Decke, während ich, durch kontinuierliches Einatmen der chemischen Keule, meine Umgebung nur noch sehr schemenhaft wahr nahm, was in dieser Lage kaum von Nachteil war.
Ich setzte ein breites Dauergrinsen auf, welches mir dann am Ostbahnhof vergehen sollte: Ungefähr 90% der Insassen verließen die Bahn um von einem Rudel herumtollender Erstklässler auf Schulsausflug ersetzt zu werden.
Okay, oberhalb von einem Meter war endlich freie Sicht, aber diese beharrlich ohrenbetäubend jaulende Primatenmasse darunter, brachte mich fünf Stationen vor dem Ziel zur Resignation. Ich beschloss beim nächsten Halt zu türmen und in die Gegenrichtung nach Haus zu fahren um mich dort ins Bett zu legen und die Woche einfach einen Tag später zu beginnen.
Wie all meine gute Pläne an diesem Morgen wurde auch dieser durchkreuzt, denn angekommen an der nächsten Station, forderte die betreuende Sozialpädagogin die Horde Teppichratten zum Aussteigen auf. Da große Teile der Aufforderung nachkamen, entschloss ich mich dann doch weiter zur Arbeit zu fahren und diesen Text zu kreieren ...
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